REPAIR

Denkst du, Reparieren ist nur was für Profis? Dann wirst du jetzt überrascht sein! Oft können kleine Reparaturen ohne besondere Kenntnisse mit wenigen Handgriffen erledigt werden. Hab also keine Angst vor deiner ersten Reparatur und frag bei Freund:innen und Familie um Rat, wenn du unsicher bist. 

A stich in time saves nine: Versuche frühzeitig dünner werdende Stellen im Stoff, lockere Knöpfe oder klemmende Reißverschlüsse zu erkennen. Denn wenn der Schaden erst einmal größer wird, wird auch die Reparatur immer aufwendiger.

Um eine Reparatur unkompliziert zu erledigen, sind ein paar Hilfsmittel im Haus nützlich. Schere, Nadel und Faden gehören zur Standardausrüstung. Über die Zeit kannst du einen kleinen Vorrat an Wollresten, Stoffresten, Knöpfen und Garnen in verschiedenen Farben und Qualitäten ansammeln. Schau auch auf Flohmärkten nach nützlichen Materialien. Manchmal sind beim Neukauf von Kleidung Ersatzknöpfe oder -garn beigelegt. Schaue, ob innen am Pflegeetikett oder in einem Tütchen am Preisetikett etwas befestigt ist und bewahre alles zusammen  in einer Box auf.

Nützlich sind auch Maßband und Lineal, Textilstifte, Stecknadeln, ein Stickrahmen und ein Bügeleisen. Um auch im Urlaub auf kleine Probleme vorbereitet zu sein, nimm am besten ein Reiseset mit Nähutensilien wie Nadeln, Faden, Schere, Sicherheitsnadeln und Flickstoff mit.

Und jetzt wird's praktisch!

Es gibt zwei grundsätzliche Ansätze für das Reparieren von Textilien: Flicken und Stopfen. 

Das Flicken eignet sich besonders für gewebte, weniger dehnbare Stoffe. Hier wird ein Stück Stoff über oder unter ein Loch befestigt. Achte bei der Auswahl des Flickens darauf, dass er eine ähnliche Dehnbarkeit wie dein Kleidungsstück hat. 

Beim Stopfen hingegen wird ein neues Gewebe produziert, um ein Loch auszufüllen oder um eine dünne Stelle zu verstärken. Diese Methode eignet sich besonders für gestrickte Kleidung. Und auch Knöpfe annähen und Reißverschlüsse reparieren kannst du relativ einfach selbst zu Hause erledigen.

Sitzt ein Kleidungsstück nicht mehr perfekt, bringen kleine Änderungen oft die optimale Passform zurück, bevor du das Kleidungsstück aussortierst. 

Mit etwas Geschick kannst du selbst kleine Änderungen und Reparaturen vornehmen. Schau dir dafür unsere Tipps an! Alternativ kannst du dich an Änderungsschneidereien oder Reparaturwerkstätten wenden. In Reparaturwerkstätten findest du notwendige Hilfsmittel und Leute, die dir bei deiner ersten Reparatur helfen.

Beschädigte oder kaputte Textilien sind immer noch wertvoll. Entweder selbst zu Hause oder gemeinsam mit anderen kannst du  deine Kreativität entfalten und deine Kleidung zurück in dein Leben holen!

Seit 2020 wiegen die von Menschen geschaffenen Dinge mehr als alle Lebewesen auf der Erde. Bis 2040 könnte sich das sogar verdreifachen (2). Diese übermäßige Nutzung nicht erneuerbarer Ressourcen belastet unsere Ökosysteme stark. Dies führt zu einem Verlust an Artenvielfalt, einer Abnahme von Ökosystemdienstleistungen wie der Luft- und Wasserreinigung, einer Verschlechterung der Bodenqualität und letztlich einer Gefährdung der menschlichen Gesundheit.

Im Reparieren zeigt sich ein verantwortungsbewusster Umgang mit unseren vorhandenen Ressourcen, denn als dematerialisierende Technik erneuert sie den Wert unserer Kleidung. Wir minimieren den Verbrauch von Materialien, um unsere Bedürfnisse nach funktionsfähiger und ansprechender Kleidung zu erfüllen, indem wir auf Wiederherstellung anstatt auf Neukauf setzen. 

Durch das Reparieren von Kleidung zeigen wir Wertschätzung, sowohl für die Menschen, die sie hergestellt haben, als auch für die Natur, die zu ihrer Entstehung beigetragen hat. Wenn etwas kaputt geht, wissen wir oft nicht, wie wir es reparieren können, aber mehr noch, wir sehen nicht die Notwendigkeit, es zu reparieren. Durch das Angebot an preiswerter Fast Fashion mit geringer Qualität ist das Reparieren zu einer unnötigen und mühsamen Praxis geworden. 

In unserer Gesellschaft wird Reparieren oft noch negativ betrachtet, da es mit einer Zeit von Mangel und Armut verbunden wird. Seit den 50ern hat das Reparieren von Kleidung mit dem wirtschaftlichen Aufschwung allmählich an Bedeutung verloren und grundlegendes Wissen über textile Techniken, Qualität und Herstellung ist aus dem Alltagswissen verschwunden.

Reparieren ist keine altbackene oder romantische Idee, sondern sollte ein selbstverständlicher Teil in unserem Alltag sein. Du wirst feststellen, wie viel Freude und welches Gefühl der Selbstwirksamkeit eine gelungene Reparatur in dir auslösen kann! 

Das Reparieren deiner Kleidung schont deinen Geldbeutel. Oft können Reparaturen einfach und kostengünstig selbst durchgeführt werden, ohne dass ein neues Kleidungsstück gekauft werden muss. Für komplexere Probleme sind Reparaturdienste wie Änderungsschneidereien oder Schustereien eine gute Anlaufstelle. Das gegenseitige Zusammenspiel mit den lokalen Reparaturangeboten ist hier essentiell. Nur wenn wir Reparaturdienste nutzen, können diese unabhängigen Geschäfte langfristig bestehen und ihr handwerkliches Wissen weitergeben. Dies ist wichtig, da aufgrund von mangelnden Nachwuchskräften das Fachwissen in der Branche immer mehr verloren geht.  

Hast du schon einmal ein Teil neu gekauft, weil es praktischer und nicht viel teurer war als eine Reparatur?

Leider ist das Bewusstsein für das textile Handwerk verloren gegangen, denn Mode wird so günstig angeboten und wir haben keinen Bezug zur Produktion. Eine komplexe Reparatur erfordert handwerkliches Geschick, analytische Fähigkeiten aber auch Kreativität. Ein Reparaturdienst setzt sich dafür intensiv mit deinem Kleidungsstück auseinander. Da ihre Preise nicht mit den niedrigen Preisen der linearen Wirtschaftsweise mithalten können, ist es für Reparaturdienste eine große wirtschaftliche Herausforderung zu überleben, denn sie sind nicht wettbewerbsfähig.

Wir sind der Schlüssel zum erfolgreichen Wirtschaften lokaler Reparaturdienste, allerdings stecken wir oft im Fast Fashion-System fest. Um bewussteren Konsum zu fördern, brauchen wir auch politische Unterstützung, die eine entscheidende Rolle bei der Förderung eines nachhaltigeren Konsums spielt.

Ein wichtiger Schritt war die Absegnung des Europäischen Parlaments für ein “Recht auf Reparatur” im April 2024. Diese Richtlinie soll garantieren, dass Hersteller ihre Produkte reparieren müssen, sofern das möglich ist. Aktuell umfasst die Vorschrift vor allem elektronische Produkte (5). Es ist jedoch anzunehmen, dass mit der Ausarbeitung der Vorschriften für die Reparierbarkeit von Textilien im Rahmen der Ökodesign-Verordnung das “Recht auf Reparatur” auch auf Bekleidung zutreffen wird.

Währenddessen zeigen uns Länder wie Belgien, Schweden oder Portugal, wie das Reparieren von Produkten für uns attraktiver und erschwinglicher wird, indem sie die Mehrwertsteuer auf kleine Reparaturen von Artikeln wie Textilien, Schuhen, Lederwaren und Fahrrädern senken (6). In Frankreich wurde im Oktober 2023 ein Reparatur-Bonus für Textilien eingeführt, mit dem ein Teil der Reparaturkosten für Kleidung und Schuhe in teilnehmenden Werkstätten zurückgefordert werden können (7).

Durch kollektives Engagement von Politik, Zivilgesellschaft und Unternehmen können wir eine Reparaturkultur schaffen und einen positiven Wandel in der Modebranche bewirken.